Willst Du Dein Herz mir schenken, so fang es heimlich an,
Daß unser beider Denken niemand erraten kann.
Die Liebe muß bei beiden allzeit verschwiegen sein,
Drum schließ die größten Freuden in Deinem Herzen ein.
Behutsam sei und schweige und traue keiner Wand,
Lieb innerlich und zeige Dich außen unbekannt.
Kein Argwohn mußt du geben, Verstellung nötig ist,
Genug, daß Du, mein Leben, der Treu versichert bist.
Begehre keine Blicke von meiner Liebe nicht.
Der Neid hat viele Tücke auf unsern Bund gericht.
Du mußt die Brust verschließen, halt Deine Neigung ein,
Die Lust, die wir genießen, muß ein Geheimnis sein.
Zu frei sein, sich ergehen, hat oft Gefahr gebracht.
Man muß sich wohl verstehen, weil ein falsch Auge wacht.
Du mußt den Spruch bedenken, den ich vorher getan:
Willst Du Dein Herz mit schenken, so fang es heimlich an.
Unbekannter Verfasser (16. Jahrhundert)